Garten und Heimat zu verschenken!

Leserbrief zur Genehmigung von Windrädern außerhalb von Konzentrationszonen durch den Kreis Paderborn

Ich verschenke ab sofort meinen Garten an denjenigen, der bereit ist ein Windrad direkt im selbigen zu bauen. Am besten unmittelbar vor meinem Wohnzimmerfenster. Dann kann ich direkt vor den Betonsockel schauen und muss nicht weiterhin mit tränenfeuchten Augen auf eine Industriebrache blicken.

Nicht, dass hier der Eindruck entsteht, ich sei gegen Windräder und gegen eine ökologisch orientierte Energiewende. Ich bin Befürworter einer solchen, aber bitte sinnbringend und mit Verstand wie Maß. Deutschland produziert schon seit Jahrzehnten deutlich mehr Strom, als es verbraucht. Zu diesen Überkapazitäten trägt an windreichen Tagen besonders auch die Windkraft bei. Stromspeicher sind bundesweit Mangelware. Daher exportieren wir diesen, über unseren Eigenbedarf hinaus produzierten Strom ins benachbarte Ausland. Der Markt reguliert die Preise und so fällt der Strompreis an der Börse immer dann, wenn es Überkapazitäten gibt. Folglich verramschen wir den teuer produzierten, weil EEG subventionierten Strom an europäische Abnehmer.

An 2,5 % des Jahres 2019 fiel der Strompreis an der europäischen Strombörse sogar ins Negativ, d.h. wir haben noch Geld oben drauf legen müssen, damit uns unser Nachbarn den zu viel produzierten Strom überhaupt abnahmen. Gleichzeitig drehten sich aber fleißig bundesdeutsche Windräder, weil wir uns mit dem EEG verpflichtet haben, den Erzeugern den Strom auch zu festen, nicht vom Markt regulierten Preisen abzunehmen. Diese Überproduktion bezahlen wir privaten Stromkunden also gleich zweimal: das erste Mal an die Betreiber der Windkraftanlagen und das zweite Mal an die europäischen Abnehmer. Wir Anwohner zahlen ihn schließlich noch ein drittes Mal: mit unserer Gesundheit und mit der Entwertung unserer Immobilien. Selbst wenn sich Windräder zeitweilig nicht drehen, weil das Netz ausgelastet ist, bezahlen wir den Strom, den diese still stehenden Räder in dieser Zeit erzeugen könnten. Zeitgleich und trotz dieses energiepolitischen Irrsinns, werden immer mehr neue Windkraftanlagen beantragt, genehmigt und sinnfrei in die Landschaft gestellt. Dem Betreiber kann es schließlich egal sein, wer es wie bezahlt.

Wenn ich als Anwohner in Dörenhagen stehe und mich im Kreis drehe, sehe ich, egal wohin auch immer ich mich wende, Windräder bis zum Horizont stehen. Nur wenn ich meine Augen starr in Richtung Borchen fixiere ist mir zurzeit noch der Blick in eine beinahe Rotorblattfreie Landschaft möglich.

Für mich ist der Drops gelutscht! Bis ich in wenigen Jahren in Rente gehe, schaue ich einfach auch weiterhin Netflix & Co., bewege mich im World Wide Web oder fahre einfach woandershin. Danach aber werde ich der Region den Rücken kehren.

Sitze ich im Frühjahr und im Herbst am Frühstückstisch, werde ich von Diskolicht beglückt, den die Schlagschatten mehrerer Rotorblätter erzeugen. Sitze ich tagsüber im Garten unterhält mich permanent das beatähnliche Wummern der am Betonsockel vorbeisausenden Rotorblätter. Liege ich nachts im Bett, muss ich die Fenster geschlossen halten und trotzdem erzeugen die Räder ein Brummen, als hätten alle Nachbarn gleichzeitig ihre Waschmaschinen im Schleudergang laufen.

Einen maßvollen und sinnhaften, regional geordneten Ausbau der Windenergienutzung, der auch die Belange und die Gesundheit der Anwohner und des Artenschutzes angemessen berücksichtigt, hätte ich gerne mit getragen und in Ansätzen auch ertragen. Wende bedeutet zunächst einmal etwas zu verändern, keinesfalls aber es zu zerstören.

Ich bin nicht hier geboren, nur hierher gezogen. Die Chance diese Region als Heimat anzunehmen aber hat man mir genommen. Wäre ich hier geboren und das Südliche Paderborner Land wäre meine Heimat, würde mir, angesichts der flächendeckenden Industrialisierung und der damit einhergehenden Zerstörung der Landschaft, das Herz bluten. Fassungslos kann ich nur Mitleid mit all den Bürgern entwickeln, die bereit sind, die Zerstörung ihrer Heimat zu betreiben oder auch einfach nur dieselbe zu ertragen.

Thomas Twiehaus, Borchen-Dörenhagen