Borchen steht erneut vor der Herausforderung die Windkraftnutzung in der eigenen Gemeinde zu steuern und in geregelte Bahnen zu lenken.
Der letzte Flächennutzungsplan ist erneut von der Windindustrie kaputt geklagt worden, wobei die Verhandlung vor dem VG Minden teilweise kuriose Züge hatte. Danach hatte der Rat der Gemeinde am 18.02.2020 einstimmig beschlossen einen neuen Flächennutzungsplan aufzustellen.
Nur reden oder Ausbau vorantreiben, was ist das Ziel?
Der neue Bürgermeister Gockel hatte in der Ratssitzung am 11.3.2021 eine Vorlage eingebracht die es ihm erlauben würde Gespräche mit den „ortsansässigen Windenergieanlagenbetreiben“ zu führen. Im Wortlaut heißt es im Beschlussvorschlag:
Der Rat der Gemeinde Borchen beauftragt den Bürgermeister in Bezug auf das weitere Vorgehen zur Erstellung eines sachlichen Teilflächennutzungsplans Windenergie Gespräche mit den ortsansässigen Windenergieanlagenbetreiben zu führen. In seinen Gesprächen ist er angehalten, Lösungen für die Steuerung und den Ausbau der Windenergie zu erarbeiten.
aus der Verwaltungsvorlage Nr. 013/2021 für den Rat der Gemeinde Borchen
Auffällig ist, dass es um Lösungen für die Steuerung und den Ausbau der Windenergie gehen soll. Also nicht um die Steuerung des Ausbaus, sondern Bürgermeister Gockel möchte nach dem Wortlaut dieser Beschlussvorlage offenbar den weiteren Ausbau vorantreiben. Auffällig ist weiter, dass er angehalten ist, in diesen Gesprächen Lösungen zu erarbeiten. Der Bürgermeister wird also legitimiert gemeinsam mit Windanlagenbetreibern Lösungen zu erarbeiten, oder anders ausgedrückt, Windanlagenbetreiber arbeiten mit an der Steuerung der Windkraft in der Gemeinde?
Dazu würden auch die im Artikel des Westfälischen Volksblatt vom Samstag den 6.März 2021 vom Bürgermeister genannten Zielen passen, nach denen es der Gemeinde darum ginge die Wertschöpfung der Windenergie zu nutzen, dazu später mehr.
Die Beschlussvorlage wurde mit den Stimmen von CDU, Grünen, FDP und FWB angenommen.
Abstimmung rechtswidrig?
Bemerkenswert ist dabei, dass sich nur ein Ratsmitglied für befangen erklärt und aus den Beratungen und der Abstimmung zurückgezogen hat.
Dabei ist bekannt, dass von einem weiteren Ausbau der Windindustrie in Borchen mehrere anwesende Ratsmitglieder profitieren könnten.
In §18 der Gemeindeordnung in NRW ist geregelt wann ein Ratsmitglied weder beratend noch entscheidend mitwirken darf.
Bei der Abstimmung haben aber Landbesitzer bzw. Angehörige von Landbesitzern von Flächen im Außenbereich und damit von möglicherweise für den Bau von Windkraftanlagen in Frage kommenden Flächen mit beraten und abgestimmt. Das ist aber nicht erlaubt, vielmehr muss jemand der annehmen muss von der Mitwirkung ausgeschlossen zu sein den Ausschließungsgrund unaufgefordert anzeigen und den Sitzungsraum verlassen.
Es ist höchst irritierend wie solch sensible Abstimmungen durch Mitglieder des Rates die eigene Interessen verfolgen, ignoriert werden. Gerade vor dem Hintergrund, dass im benachbarten Paderborn Vorstöße unternommen werden in mehreren Gremien Mitarbeiter von WestfalenWIND zu platzieren und dies zurecht für Empörung sorgt wird in Borchen in nicht ganz so offensichtlicher Weise versucht die Interessen zu beeinflussen. Wir sind der Meinung, dass der Bürgermeister jetzt überprüfen muss wer bei dieser Beratung befangen war und somit die Abstimmung beeinflusst hat. Die Abstimmung ist aus unserer Sicht rechtswidrig, da bei der Beratung Einfluss auf das Abstimmungsverhalten genommen wurde und die Abstimmung ohne die befangenen Ratsmitglieder die ihre Eigeninteressen vertreten anders ausgefallen wäre.
Spaltung der Gemeinde
An den Vorgängen wird klar, dass die Gemeinde weiter von der Windindustrie gespalten wird. Die Einmischung in die Politik wird von einigen für ihre Eigeninteressen missbraucht und die Bürger verlieren das Vertrauen in die Politik.
Es ist bedauerlich, dass Bürgermeister Gockel es nicht schafft diese Kluft zu schließen und seine Initiativen einseitig die vielen Bedenken der Bürger nicht aufgreift. Wir erinnern dabei an das Bürgerbegehren, das in kürzester Zeit über 2000 Unterschriften erreichte und damit das benötigte Quorum weit überschritten hatte. Damals war es nicht zum Bürgerentscheid gekommen, weil Rechtsanwälte von WestfalenWIND dem Begehren die Grundlage entzogen. Die Vorgänge von damals haben viele auch heute noch im Hinterkopf wenn es darum geht dass jetzt Gespräche mit denen geführt werden sollen, die damals den Ratsmitgliedern mit persönlichem Schadensersatz drohten und Flächennutzungspläne kaputt klagen und die offenbar für den eigenen Profit alle Mittel einsetzen.
Ohne Gegenleistung
Im letzten Absatz „Ziel der Gespräche“ des Zeitungsartikel des WV vom 6. März 2021 erläutert Bürgermeister Gockel was er sich von den Gesprächen verspricht. Was dort zu lesen ist hat allerdings wenig mit dem oben zitierten Beschlussvorschlag zu tun. Es geht ums Geld. Die Gemeinde wolle die „Wertschöpfung der Windenergie“ nutzen, ebenso von „finanzieller Beteiligung“ ist die Rede. Natürlich wird Gockel mit „Es gibt keine Gegenleistung.“ zitiert.
Also Geld von den Betreibern erbitten ohne Gegenleistung? Dann noch nebenbei Lösungen für die Steuerung und den Ausbau der Windenergie erarbeiten? Wer das nicht mindestens merkwürdig findet lebt wohl hinter dem Mond. Warum stand denn im Beschlussvorschlag nichts dazu? Hat sich der Bürgermeister in der Zeitung verplappert und mehr gesagt als er wollte? Klar ist jedenfalls, dass dadurch mindestens der Eindruck der Intransparenz entsteht, aber viel schlimmer noch des Misstrauens was hinter diesen Gesprächen steckt geschürt wird. Schon bisher war es ein beliebtes Mittel der Windindustrie, durch Stiftungen und Geldversprechen Einfluss auf Vereine und Gemeinschaften zu nehmen, dadurch aber auch die Spaltung voranzutreiben und die Betroffenen und Kritiker zu isolieren. Geld und Begehrlichkeiten sind aber kein Maßstab wenn es um den Schutz der Gesundheit und der Umwelt geht.
Eins ist doch ganz klar, die vom Bürgermeister angeführte finanzielle Beteiligung von Kommunen nach Paragraf 36k EEG hat nichts mit dem Flächennutzungsplan zu tun, schon alleine dass der Bürgermeister dies im Zeitungsartikel in diesem Zusammenhang erwähnt ist kein gutes Zeichen dafür, dass die Gemeindeverwaltung ihre gemeindliche Selbstbestimmung und den Rat als Vertreter der Bürgerinnen und Bürger ernst nimmt.